gegen Spökenkieker (306 Ob der Dill) zum 1.

Die Geisterstunde


Rt Spökenkieker bei seinem Hieb. Hägar hört zu.

Das Duell war ein Moritaten-Wettstreit. Der sanfte und liebenswürdige Spökenkieker, der zum ersten mal in Händel dieser Art verwickelt worden war, trat mit Zylinder als Leierkastenmann auf stellte seine schreckliche Geschichte über den Kampf zweier Rittersmänner anschaulich auf großen Bilder dar, die er mit dem Zeigestock erläuterte. Leider ist sein Text nicht mehr verfügbar. Hägar untermalte seine Schreckensgeschichte mit der Gitarre.
Das Duell fand am 19. im Eismond a.U.130 statt.

(zur Melodie "Heinrich schlief bei seiner Neuvermählten")

Kommt und hört, ihr Knappen, Junker, Ritter!
Ach, vernehmt die graus'ge Moritat,
Was sich jüngst in einem armen Reyche,
Ob der Dill daselbst, ereignet hat.

Wie man weiß, hat dort ein garst'ger Schurke
Ursupiert des Ryches Kantzelei.
Der gern fremde Recken rücklings meuchelt.
Meistens lacht und freut er sich dabei.

Manchmal aber, wenn die Stürme toben,
In der langen, dunklen Winternacht,
Sieht der Wicht erzitternd jene Geister
Jener Recken, die er umgebracht.

Diese schlimme, nächtlich' Geisterstunde
Wurd' im Uhuversum nach und nach bekannt.
Darum hat den Wüterich man treffend
"Spökenkieker" bald nur noch genannt.

Bleich und finster sitzt er nebem Throne.
Denkt an Böses nur, zu jeder Stund'.
Trüb das Auge, schwarz der Seele Farbe;
Gift'ger Speichel tropft aus seinem Mund.

Einst besucht das Reych ein schöner Engel,
Um zu sippen, und bei Freunden ruh'n;
Ritter Hägar war's der strahlend nahte.
Keiner Fliege konnt' der Leides tun.

Artig grüßt er auch den Spökenkieker.
Dessen Gruß war aber kurz und kalt,
Denn der Anblick jenes schönen Ritters,
Weckt den Neid auf dessen Lichtgestalt.

Denn er weiß, er selber steht im Dunkel
Und der Ritter Hägar steht im Licht.
Hägars Heldentaten sieht man funkeln -
Und der Spökenkieker gönnt's ihm nicht.

Und so schmäht er Hägars edle Taten.
Ach, sein Reden stinkt ja himmelwärts.
Nicht genug: er naht sich Hägar meuchlings:
Stößt den Dolch ihm hinterrücks ins Herz.

Fallend haucht da Hägar: "Spökenkieker,
Ich verzeih'! Auf Rache ich verzicht'"
Bietet sterbend Hand ihm noch und Grüße –
Doch der Spökenkieker nimmt sie nicht.

Zieht zufrieden nach der Sippung heimwärts.
Hämisch grinsend löscht er bald das Licht.
Da – erstarrt er plötzlich voller Grauen:
Eine kalte Hand streift sein Gesicht.

Auf ein bleiches Antlitz scheint das Mondlicht.
Schön und friedlich strahlt es, sehr apart.
Fürcht' dich, Schurke: Sieh den Hingestreckten!
"Spökenkieker", hauchte Hägar zart.

Jener lag, erstarrt, gelähmt vor Schrecken,
Starrt entgeistert diesem Spöken zu.
Kichernd schwebte Hägar um sein Bette
Und entschwand, mit dröhnendem "Lulu!"

"Rache willst du, Rache", Spöki tobte.
"Spökenkieker!" schallt es durch die Nacht.
Es entschwand das graus'ge Truggebilde.
Einen Selbstmord hat er da vollbracht.

Frieden fand er nicht, der Ungetreue,
War verloren, ohne Wiederkehr.
Als ein Scheusal, als ein Ungeheuer,
Spukt im Uhuversum er umher.

Die Moral von der Geschichte höret:
Scheut mit euren Taten nicht das Licht,
Und vor allen Dingen lasst nur Eines:
Reizt, ihr Freunde, Ritter Hägar nicht!