Das Schild

Neben meinem Schreibtisch hängt ein Bild
Auf dem steht: "Radfahrer absteigen".
Ich betrachte dieses Schild nicht nur als Bild,
Nein, als Kunstwerk tu' ich's meinen Gästen zeigen,
Denn das Schild bedeutet für mich viel.
Abgeschraubt in einer Nacht in Kiel.

Zwar enthält das Bild nur Worte
Die ein Schildermaler, leichthin und gedankenfrei
Malte auf das Blech an irgendeinem Orte –
Vielleicht pfiff er sich sogar ein Lied dabei.
Nicht beachtend, welcher tiefe, abgrundtiefe Sinn
Aus dem Pinsel floss auf blankes Blech dahin.

Birgt der knappe Ausdruck nicht in sich
Wie ein Spiegel ganz der Menschheit Reigen?
Zeigt, wohin der Ritt auf hohem Rade führt.
Mensch vergiss nicht, noch beizeiten abzusteigen!
Sei Du selbst, lass ab vom scharfen Trab.
Steig herab zu Freunden an dem Tresen,
Leg das Treten und das Bücken ab,
Dies profane Auf und Ab in deinem Wesen.

Dann, selbst seiend, endet deine Reise.
Selig labst und lachst du bald. im Freundeskreise.
So erscheint das Schild, das scheinbar so banale,
Uns als Mikrokosmos in der Weisheit Schale.