Unter dem Regenbogen

An einen Junker zu Ritterschlag

Lieber junger Freund!
Ihr werdet nun bald in den Stand eines Ritters erhoben und ihr werdet sehen:
alles wird so sein wie vorher. Lasst Eure Augen einmal schweifen durch jenes
Meer von Farben, das ihr künftig mit Eurer Rüstung mit prägen werdet.
Betrachtet Euch die Farben der heute anwesenden Reyche und ihrer
Rüstungen. Bunt ist das Ritterleben. Bunt ist das Leben. Bunt ist die Schlaraffia,
bunt wie der Regenbogen.

Unter dem Regenbogen

1.
Der Regenbogen: schau und sei gebannt.
Sieh, wie er seinen weiten Bogen stellt
Der sich dort über graue Felder spannt,
Bunt leuchtend über das profane Land
Und wie aus einer andren Welt.

Schlaraffia!

Woher kommt dieses Leuchten nun?
Weil Farben. sich zusammentun!
Sie zeigen so im Sonnenglühen
Die schönsten ihrer Harmonien.

Was wär', wenn sich die Farben trennten
Weil sie dann schöner leuchten könnten,
Wenn sie sich plötzlich nicht vertrügen
Und streitend in den Haaren lügen
Und jede einzeln leuchten täte
Weil ihr die anderen zu blöde.
Ich stelle das Szenario
Mir schaudernd vor in etwa so:

Das kecke Rot spräch': Lass mich ziehn,
Mich stört das ganze blöde Grün.
Ich mag das Blau vielleicht noch grade
Jedoch das Gelb ist mir zu fade.
Ich will darum fortan allein
Mein eigner Regenbogen sein.

Gesagt, getan man trennte sich
Und jede leuchtete für sich.
Ein roter Bogen spannte bald
Vom einen bis zum andern Wald.
Und auf der andren Seite spannt
Es grün und gelb und blau ins Land.
Ein jeder leuchtete für sich.
Und dachte sich: Wie schön bin ich.

Jedoch, was in Gemeinschaft schön
Das mochte keiner so mehr sehn.
Zusammen war es ein Gewinn
Doch einzeln schaute keiner hin.
Weil, monochrom ist monoton
Und wen bewegt so etwas schon?

Die Farben mussten sehr bald sehn
Der Sammelbogen nur macht schön.
Sie fanden das zwar ziemlich dumm.
Was half’s? Man braucht sein Publikum.
Für dessen Beifall und Applaus
Hält man auch gerne etwas aus.

So probt‘ man den Zusammenschluss
Erneut. Es es wurde zum Genuss.
Man war in Freundschaft sich gewogen
In einem neuen Regenbogen.
Der leuchtet wie in alten Zeiten
Als Trost in regengrauen Weiten.

2.
Auch für Schlaraffias Ritter gilt,
Nur die Gesamtheit gibt ein Bild.

Wie überall: denn die Schlaraffen
Sind ganz verschiedentlich beschaffen:
Da gibt es Sänger, Denker, Dichter,
Beamte und ganz große Lichter.
Es gibt den Truchseß und den Thron -
Tja, Gegensätze sind das schon.
Zusammen sind die Rittersleut'
Ein bunter Bogen, der erfreut.

Wenn einer richtig dichten kann
Beneidet man den Rittersmann.
Beherrscht er auch den Vortrag gar
Dann findet man ihn wunderbar.
Und kann er überdies noch singen
Wird es ihm Lob und Ehre bringen.

Jedoch, was wäre, wenn so einer
Sich aufführt, und dann ist da keiner?
Wird er es mit sich selbst bewenden,
Und sich auch selber Beifall spenden?
Wohl kaum. Man braucht, was jeder kennt
Auch Volk mit weniger Talent.
Das gerne zuhört und versteht,
Das Beifall gibt und mit ihm geht.
Kurz, dass ein talentierter Mann
Vor ihm so richtig leuchten kann.

Dabei sei nur im Mittelpunkt,
dass es bei Uhu blitzt und funkt
Und dass sich viele daran laben,
Und alle ihre Freude haben.
Für sich ist jeder zwar recht wichtig,
Doch nur zusammen sind wir richtig.
Denn alle Farben sind gewogen
Zusammen erst ein Regenbogen.

3.
Doch muss man auch den Besonderheiten.
In unsrem Kreise Platz bereiten.
Denn mancher liebt das bunte Ding
Und jagt den güldnen Schmetterling
Der kleinen Eitelkeiten.

Kunst und Humor sind der Schlaraffen Sachen;
Nicht: Ehre, Orden, Rang und was da mehr.
Das Ziel kann doch nur sein: Vergnügen machen
Und Freude geben, fällt’s auch mal schwer.
Wer sich mit Blech belohnt fühlt, sei zufrieden,
Mir bringt ein atemloses Schweigen mehr.
Und hat mein Tun den Handschuh mir beschieden
Freut mich das sehr.

Ach ja, die Jagd nach Gold und Glanz
Und vor dem goldnen Kalb der Tanz:
Das hast du in der Profanei
Doch wirklich zu Genügen.
Drum, bist schlaraffisch du dabei
Mach alles zum Vergnügen.
Und trittst du an in dem Turney -
Dann zählt doch nur: du bist dabei.
Und ob du siegst oder ob nicht
Ist das denn wirklich von Gewicht?
Ich bin zu Mainz, als dort die Hofnarr'n stritten,
Vor ein'ger Zeit zur Sippung eingeritten.
Glaubt’s oder nicht, den Preis hat wer bekommen,
Der an dem Wettstreit gar nicht teilgenommen.
Das fand ich gut. das hat mir sehr gefallen;
Die Narren weisen oft den rechten Tritt.
Beim Kräftemessen zählt nun mal vor allem,
Man macht es gut und tut bescheiden mit.

Und im Duell? Wie dort? Ich führe das
Nur mir und meinem Reych zum Spaß -
Was macht es, ob ich erster oder zweiter:
Die Welt, mein Freund, die dreht sich immer weiter.
Und wer gewann - und welcher nicht gewonnen,
Ist in den Köpfen ziemlich bald zerronnen.
Eins aber weiß man noch in spätren Tagen:
Der - wer es immer ist - kann eine Klinge schlagen.
Sieg ist nicht alles, bei des Uhus Walten.
Viel besser ist es, gut zu unterhalten.

Jedoch so mancher denkt für sich:
Wenn ich voll Geist schon brenne,
Brauch ich auch was für Äußerlich
Damit man, wenn ich mal nicht frisch,
Mich überall erkenne.
Um dieses möglichst zu erreichen
Erfand Uhu die Ehrenzeichen,
Die Ahnen, Titul und die Orden
Für der Schlaraffenritter Horden.
Dass güldner Glanz auf jedem Wege
Sich über alles legen möge.

Bedenket doch, es ist nur Spiel
Und meint real nicht sunders viel.
Zwar ziert der Schmuck das Ritterkleid,
Der Stand erfreut die Eitelkeit.
Doch letztlich zählt nur, was darunter,
Das Herz, die Hand, ob trist ob munter.
Die Kleider machen kein Orchester,
Es sind die Musiker, mein Bester.
Nicht Sieg und Ehrung sei das Ziel
Ziel sei alleine unser Spiel,
Und dass wir unter Uhus Walten
Stets alle Mann zusammenhalten!

Die Farben, die in unserm Spiele wir malen,
Die sind es, die als Regenbogen strahlen.

4.
Lasst mich von dem Gehörten eben
Die Lehre zieh'n und Kunde geben:

Siehst du den Regenbogen, sei bedacht
Er ist aus uns, aus Allen hier, gemacht:
Wir sind es, die in ihm uns selber sehn.
Drum bleibe einfach leise staunend stehn
Und freue dich an seiner Farben Pracht.

Den Freunden bleibe stets gewogen
Und leuchte mit im Regenbogen.