1423. Sippung - Junkernachtung

Knappen und Junker bauen die Burg

Junkernachtung mit dem Thema "Burgbau". Die neue Hessenburg des Gyssen-Reyches
war kurz zuvor geweiht worden und so war es natürlich, dass sich die Junkertafel,
alsBauarbeiter verkleidet, mit diesem Thema befasste.
Die Junkernachtung fand am 25. im Eismond a.U.132 statt.

I.
Paroli rief und alle, alle kamen
Zu Gyssens großem Junkernachtungs-Fest.
Es glänzten hell Schlaraffias große Namen,
So Nauinheimbias schönster Ritter, Sellerbest.
Ich will den Einen nur, ihn pars pro toto nennen,
Sonst stünd' ich hier erzählend ohne Ende.
Doch will ich mich von langem Reden trennen,
Obwohl ich das ja ohne Mühe könnte.
(Paroli bat mich: "Hägar, mach es kurz.
Der Thron steht sonst die Beine in den Bauch."
Das ist mir zwar im Grundsatz völlig schnurz,
Doch schont die Kürze mich ja schließlich auch.)
So geb' ich hiermit nur zu Protokoll:
Die Welt war hier! Die Burg war brechend voll.

II.
Es sieht so mancher doch mit bangem Sinn
Den dergestalt gefüllten Rittersaal.
Man schaut am Besten überhaupt nicht hin:
Es ist zuviel, wie letztens jedes Mal.
Erschien uns erst die Sonne hell und labend,
Gab's zu Gewittern späten dann Tendenzen,
Sie warfen dunkle Schatten auf den Abend:
Die neue Burg ist auch nicht ohne Grenzen.

Befreit von unsres alten Saales Enge.
Lud man die Welt. Doch hört' man dann beklommen,
Es gäb' wohl ein gewaltiges Gedränge,
Da suchte man. dass wen'ger Freunde kommen.
Die Burgfrau'n gar, die herzlich hergebeten,
Vermißt' man folglich heut' in unsrer Runde.
Wir sagten ihnen - gestern - sehr betreten:
Es war ein Irrtum, eine schwache Stunde.
Zwar weist den Weg zumeist der gute Wille,
Doch was zuviel ist, ist einfach zuville;
Drum lassen wir die Liebste heut' zu Haus:
In die Kartoffeln rin und wieder raus!

Ich ende hier die philosophische Betrachtung
Und widme mich nunmehr der Junkernachtung.

III.
Die Balken sind, die Bretter aufgeschlagen
Und jeder sitzt und hoffet auf das Beste.
Rolandos Tastenspiel klingt sehr getragen
Und stimmt uns ein auf dieser Nachtung Feste.
Da stürmen Bauarbeiter jäh den Thron.
Der Gong ertönt. Da läuft die Sache schon:

Man sieht nunmehr des Gyssen-Reyches Jugend
In zücht'gem Glanz, mit Eifer und von Tugend,
Nervös um seine ersten Worte ringend,
Mit fester Faust den Gang der Dinge zwingend.

Der Junker Wolfgang, Hägars Patensohn,
Der macht sich gut. Den Spott beherrscht er schon.
Kann ihn in erste, zarte Reime fassen
Und ärgert damit manchen braven Sassen.

Und erst der Knappe hundertneunundzwanzig!
Der ist noch jung, nicht so, wie die Fürsten, ranzig.
Er ist des Junkermeisters ganze Freude,
Sonst, wie auch heute.
Kurz: unsre Jugend macht sich prächtig.
Sie ist so richtig junkernächtig.

Nach diesem Lob im großes Stück,
Hab' ich auch Worte der Kritik:

Ich würde zukünftig empfehlen,
Sich bessre Kleidung auszuwählen
Und nicht wie Bauarbeiter zu erscheinen!
Der Aufzug heute war einfach zum Weinen.

Da hat das Reych sich unentwegt
In langen Monden krumm gelegt.
Dieweil die Jugend sich gepflegt,
Am Bau nicht Hand, nicht Fuß bewegt.
Und nun erzählen uns die Zwei,
Wie eine Burg zu bauen sei!

Das sind die rechten Naseweise,
Es murren weite Ritterkreise.
Sie können nicht mal Seifenblasen
Aufblasen, diese beiden Nasen.

Was sind die Beiden doch so schlau,
Zieh'n unsre Burg durch den Kakao:
Der Wolfgang wünschelt nun herum:
Er sucht das geistig' Fluidum
Und zeigt dem Saal stolz seine Rute,
Der Gute.
So kann man auch mit kleinen Sachen
Manchem Ritter Freude machen!

VI.
Doch strebt man zum Gedanken-Höhenflug.
Man greift zu Goethe, wählt den Faust, den Zweiten,
Den unser Junkermeister, schwer genug,
Den beiden Helden in die Köpfe bläute.
Doch kaum erfüllt das hehre Wort die Runde,
Da bremst man jäh der Seele schönen Flug
Und führt ein Schnorrlied ganz profan im Munde.
Der Mammon fehlt, den hat man nie genug,

Und mit Geheul und flottem Trab
Kassiert man alle Sasse ab,
Die eilig auf ein Ende dringen,
Entnervt von unsres Junkermeisters Singen.

Fern liegt, dass ich das alles tadeln täte:
Nur passt profanes Tun halt nicht zu Goethe.
Doch sind sie jung, sie lernen's sicherlich.
Als Vorbild hamse schließlich immer mich.

Dem Vorschlag mit den Pyramiden
War wenig Beifall nur beschieden,
Weil Gyssens Mumienschar, die holde,
Die in die Kammern ziehen sollte,
Von solchem Vorschlag wenig hält.
Womit die Sache schließlich fällt.

Mehr Beifall kriegt der Zuckerguss,
Weil Süßes jeder lieben muss.
Süß sind sie auf dem Thron, die Beiden,
Um die uns Freund und Feind beneiden.

Kurz, der Ideen sind sehr viele,
Der Sassenschaft wird's langsam schwüle.
Doch, Gott sei Dank, die Burg, sie ist!
Sie wuchs nicht auf der Beiden Mist,
Sonst würden wir, mit trocknen Lippen
In einem Luftschloss sicher sippen.
Es stünde ein Schlaraffenklo,
Im Walde einsam irgendwo.

Es neigt der Abend langsam sich zum Ende.
Man bringt am Fürsten (?) einen Richtkranz an.
Ich fass' es nicht! Das ist der Zeiten Wende!
Soweit man solches überhaupt verstehen kann.
Des Reyches Jugend ist sehr früh schon so voll Licht,
Dass sie, wie sonst der Thron, in dunklen Rätseln spricht.
Vor Rührung Hägars hartes Auge feuchtet:
Die Jungs sind richtig: helle und erleuchtet!

V.
Doch, weil zuletzt bei jeder Dichtungsweise
Moralien uns ernstlich fördern sollen,
So will auch ich in so beliebtem Gleise
Verstehen, was die Verse sagen sollen.

Baut nicht nur Burgen, die zum Himmel streben
Und freut euch dann an deren prächtig Bild.
Bedenkt, was sind die Häuser ohne Leben,
Wenn nicht der Jugend froher Lärm sie füllt?
Führt unser Reych auch weiter zu dem Ziel.
Durchs weite Uhuversum tön' und schall es:
Wir haben ein Burg, die ist uns viel.
Doch unsre Junkertafel ist uns ein und alles!