1630. Sippung - Gleybergfest

Von Gipfel zu Gipfel

Die Sippung fand am 14. im Lenzmond a.U.139 statt

I.
Und Gleybergs Gipfel, er glitzert und gleist
In der gülden erglühenden Sonne.
Freund, hast du das Uhuversum bereist
Dann kennst der Weg, der führt, wie du weist
Zu köstlichst-schlaraffische Wonne.

Dort sammelt sich alles, was Namen und Rang
Erworben, gekauft und ersessen.
Um in Kreise der Brüder mit Liederklang
In farbigem Rock und mit lautem Gesang
Die profane Welt ganz zu vergessen.

Sie ziehen in Massen zum Berge hinauf.
Nur manche lassen sich fahren.
Denn der Weg ist steil und die Sassen zu Hauf
Sind sehr würdig und kommen allein nicht mehr rauf
Reif und süß an schlaraffischen Jahren.
Dazu noch die Orden, die beschwern sehr das Kleid –
Und der Gipfel ist hoch und der Weg ist sehr weit.

„Der Hägar macht wieder das Protokoll“,
So raunt‘s durch die Tannenwipfel.
„Das lohnt eine Reise, es wird sicher ganz toll.“
Nur Hägar sitzt grimmig und sorgenvoll.
Und wüßte vom Thron gern, was das wieder soll.
Man hört, wie er sagt: „‘s ist der Gipfel.“
Denn das NAP ist vergnüglich für den, der es hört.
Während es den, der es schreiben muß, eher stört.

Warum hat man nicht Hamlet als Schreiber bestallt
Und Hägar, den Ahnherrn machen?
Als Burggeist ist Hamlet einfach zu alt.
Der Blick zu eisig und die Finger zu kalt.
Man möchte mal frischere Sachen.
Doch es hilft leider nicht, der Thron will es so.
Das macht Hägar traurig und Hamlet froh.

II.
Ein Gleyberg-Bericht ist wenig schön.
Wann soll man den eigentlich bringen?
Denn ständig muss man bei irgendwas steh'n,
Dazu ist es dunkel, man kann nichts seh'n.
Wenn man sitzt, stört der Lärm durch das Singen.

Ja, wenn ihr den Thron auch hinterher lobt,
Weil alles so glatt lief im Saale.
Was für ein Kunststück! Es war ja geprobt.
Und lief streng nach dem Ceremoniale,
Was soll man schreiben, wenn sich alles dran hält
Und keiner dabei aus der Rolle fällt?
Ich könnt' auch das Ceremonmiale verlesen
Und berichten, das wäre alles gewesen.

Drum tret' ich das wen'ge Erzählbare breit:
's wär'n sonst ja nur wenige Zeilen.
So suchte der Thron, der zweisam zur Zeit,
Im Lenze einen, der heute bereit,
Die Lust des Regierens zu teilen.
Als Dritter im Bunde kam Ebigon
Und ward gleich der Erste in der Funktion.

Der Einritt muss prächtig gewesen sein.
Ich habe nichts gesehen heute.
Denn der, welcher schreibt, muss immer allein
Mit Eifer beim Protokolle sein.
Und sechs prächtige Rittersleute,
Vom Reych an der Sieg, die saßen bei mir,
Sie schwätzten und lachten und tranken Bier.
Und fragten mich, was ich denn treibe -
Warum ich nur sitze und schreibe?
Sie waren ja schön und klug und ganz toll
Und in sunders zu Hägar recht rücksichtsvoll.
Doch wenn Zyklops dir die ständig die Ohren voll sülzt,
Möchte' ich sehen, wie du die Seiten füllst.

Der Burggeist fehlte. Von Krankheit geschafft.
Ich finde das eigentlich rätselhaft:
Wie kann ein Geist der längst vergangen
Sich einer Krankheit Keime fangen?
Obwohl: Der Gyssen Thron zeigt häufig,
Dass Schwäche auch dem Geist geläufig.

Zum Glück kommt Ersatz. Vetzbergs Kellermeister,
Kein Geist – mehr Körper und Autorität.
Ein Mönch mit Humpen. Walnuss heißt er.
Zeigt, als er durch unsere Pforte geht,
Lautstarks, so, dass auch die Theke es hört,
Wer allein das Wort hier im Saale föhrt.
So lauscht man des Kellermeisters Sproch
Und vergisst darob Hamlets Burggeist noch.

Doch manchmal gibt es der Wunder schon,
So zweifelnd Freund Zyklops auch sei.
Es erhebt sich plötzlich auf Gyssens Thron?
Vetzbergs Kellermeister. Da staunt man schon.
Und glaubt fast an Zauberei.
Doch es ist nur der Walnuss. Vom Auftritt im Trab
Eilt er, um sich nicht zu verspäten.
Obwohl dort das Personal auch recht knapp
Hat der Thron den Hamlet vertreten.

Und Wetiflar schenkte dem Throne Licht.
Aks Spender darf Bit-Klau ich nennen.
Nun – wer von Hägar erleuchtet, der merkt halt nicht,
Wenn die Kerzen am Thron nicht brennen.

"Muss ich", fragt Marke, von Spar-Geist bewegt,
"Für's Wasser acht Reychsmark geben?"
Nun, wenn der Tamtam ständig schlägt
Und damit den Gleyberg uns trocken legt
Wovon soll der Wirt denn sonst leben?
Und trinkt Freund Marke denn auch vom Wein?
Nein! Wasser muss es die ganze Zeit sein.
So wird sich der Preis halt ergeben!

Ich sage hier nichts zum Ritterschlach,
Das lest im Ceremoniale nach.

Nur lasst mich zum Namen, den der Ritter neu,
Gewählt, noch etwas sagen:
Der Name Winhard (nicht Win-Weich) sei
Verursacht durch seine Computerei,
Meint er. Nun, so soll er ihn tragen.
"Win" steht für Windows, für Hardware steht "hard".
Und eigentlich klingt das ja auch apart.

Doch ändern sich rasch der Computer Natur,
Deshalb bleibt, so hoff' ich, für Winhard nur
Das Windows noch lange Betriebssystem.
Sonst wird es für ihn nicht angenehm:
Denn dann muss er, noch in fernsten Tagen
Einen völlig veralteten Namen tragen.

III.
So kehrt von des Gleibergs Gipfel nach Haus
Und grüßt eure Reyche und Brüder.
Tragt die Kunde vom Gleiberg zur Welt hinaus
Wie wir sippen in geistigem Sause und Braus,
Und im nächsten Jahre kommt wieder.

Lasst, seid ihr von Gleibergs Gipfel zurück,
Eure Burgfrau am Schönen sich laben,
Und bringt sie auch zu des Gipfels Glück
Gebt ihr von den Wonnen auch ein Stück
Die ihr bei den Gyssen konnt‘ haben.

Dann weiß sie, wie ihr dort den Uhu verehrt,
Und hält euch für stark und honorig.
Sie flüstert zärtlich: „Mein Ritter so wert!“
Schmiegt an die Rüstung, streicht zart übers Schwert.
Und der Gleyberg wird obligatorisch.

Hier beendet nun Hägar sein löbliches Tun:
Das Protokoll vom Gleyberg in Giessen.
Die Schreibhand lahmt. Erschöpft ist er nun.
Er reitet zur Heimburg um auszuruh'n
Und die Wonnen des Schlafs zu genießen.

Burgfrau Hägar aber, die sehnsuchtserpicht
Zum Gleiberg hinüberblickte,
Zur Burg, wo ihr Ritter schrieb sein Gedicht,
Sieht den Gipfel, der dort in letztem Licht
Sie im roten Verdämmern entzückte.

Sie flüstert: „Mein Hägar, mein Held, mein Gemahl,
Ach, hab ich dich endlich nun wieder.
Und bist du auch matt und erschöpft von der Qual
Des Protokollums in Gleybergs Saal
Und liegst wie gefallen danieder.

Ach, dass, wer auch nächsten dort oben thront,
Wird sich dir nicht so ekelig zeigen.
Dass er dich dann vom Protokolle verschont
Und die Heimkehr des Recken sich wieder lohnt
Wenn gemeinsam zum Gipfel wir steigen."