Antrittsrede als OÄ am 9. im Lenzmond a.U.159

1. Das wir heute auf diesem Platz vor euch stehen, ist dem Rücktritt unseres Schlaraffenbruders Rt Gsell geschuldet. Deshalb soll unser erster Gedanke und Gruß ihm gelten. Ohos Tücke trifft ihn und seine Burgfrau im Augenblick sehr hart. Er ist ein Mann, der anderes verdient hätte: immer da, wenn Tatkraft gefragt ist und zu jedem Dienst und zu jedem Ambt bereit. Wir wünschen ihm, dass er genesen wird und bald wieder in unsrem Kreis sein kann. Wir bitten das Reych ein leises Ehe auf unseren Freund Rt Gsell ausbringen, in das wir alle unsere guten Wünsche einschließen. Ehe, Rt Gsell.

2.Wir freuen uns, dass so viel Ritter aus anderen Reychen den Weg heute zu uns gefunden haben. So sehen wir, dass wir, in sunders in unseren jungen und ungebärdigen Jahren, nicht nur verbrannte Erde hinterlassen haben. Ehe, Freunde, und Dank, dass ihr gekommen seid.

3. Als zufriedener Erbwürdenträger im Ruhestand hätten wir uns vor wenigen Wochen nicht vorstellen können heute hier in der Funktion zu stehen. Aber manchmal entwickeln sich die Dinge anders, als man will und denkt. Egal, hier stehen wir nun und können nicht mehr anders. Die Frage unserer Burgfrau ob wir sie noch alle hätten, haben wir uns öfters selbst auch gestellt. Übrigens unserer Burgfrau: als wir heute unsere Heimburg verließen mit dem Satz: „Ich gehe jetzt, um mich der Wahl zum Oberschlaraffen zu stellen“ sagte sie: „Nimm bitte den Mülleimer mit raus!“ Das wichtigste in einem solchem Ambt ist einfach die Unterstützung durch das Umfeld.
Die Anfrage, ob wir vielleicht bereit wären etc., kaum zu für uns ungünstigen Zeitpunkt. Wir warfen milde und fröhlich gestimmt, weil wir gerade in den letzten Tagen unsere schlaraffischen Ziele erreicht hatten. Wir haben, bis auf eines, alle europäischen Reyche besucht. Es war eine lange Reise mit vielem Abenteurern und Erlebnissen. Schlaraffia hat uns – nicht nur auf dieser Reise - auf dieser Reise viel gegeben. Aber sie ist zu Ende wieder können deshalb Schlaraffia und unseren Reych etwas zurückgehen. Auf andere Gründe gehen wir später noch ein.

4. Hier, im Reych Zu den Gyssen sind wir, übrigens zusammen mit dem Rt Fürst Walnuss (wir als Knappe 125, er als Knappe 126), schlaraffisch aufgewachsen, angeleitet durch unseren Junkermeister Mon Cherie, den wir immer den Eisernen nennen- weil er unsere Eskapaden und Streiche eisern ertragen hat.  Aber wir denken immer gerne und etwas gerührt an ihn zurück – hat er uns doch die Wege in das Wunderland Schlaraffias geebnet. Rt Walnuss und wir haben in unserem folgenden schlaraffischen Leben unterschiedliche Prioritäten gesetzt. Walnuss hat sich (als alter Soldat) um die Heimatfront gekümmert, wir sind in die Welt gezogen. Er hat eine ansehnliche Sammlung von Ehrenhelmen – und viel wichtiger, Freundschaften über das eigene Reych hinaus. Wir haben eine Kiste voller Ausrittsorden und viele, mehr lose Verbindungen zu Spielkameraden im weiten Uhuversum.

5. Zusammen repräsentieren wir, wie wir glauben, die Vielfalt und die Möglichkeiten der Schlaraffia. Es erstaunt uns eigentlich immer wieder, dass und wie diese Schlaraffia funktioniert. Es treffen sich hier zumeist ältere Männer unterschiedlicher Alters, Herkunft, Bildung und Fähigkeiten und spielen ein für den Außenstehenden sehr merkwürdig erscheinendes Spiel, wobei Rittermantel und Rittername, diese Unterschiede verdecken.  Sie spielen es überdies auf ganz verschiedenen Ebenen: für die einen ist unser Freundschaftsbund emotionales Nest und Heimat, für die andere intellektuelle Spielwiese. Wir erleben poetische und musikalische Hausmannskost ebenso wie künstlerische Bravourleistungen. Die einen leben die Parodie unserer Gründungsväter, die anderen sehen sich als echte Barone, Fürsten und Grafen. Für die einen ist Schlaraffia Spaß, für die anderen Ernst. Für die einen sind Orden, Titul, Glanz und Glitter konstitutiv, andere lächeln darüber. Diese Gegensätze hat unser Ritter Ebigon wunderbar philosophisch so formuliert: „Wir machen uns nichts aus Orden und Titeln – aber haben wollen wir sie doch!“ Und trotzdem und vielleicht gerade deshalb funktioniert unser Spiel – meistens jedenfalls.

6. Wir wollen in diesem Ambt und in der begrenzten Zeit, die uns angesichts unseres Alters bleibt, dazu beitragen, dass es weiter so geht und werden uns – obwohl von Hause aus Spötter und Satiriker - auf diesem Platz mache Sottise verkneifen, die wir im Plenum von uns gegeben hätten. In einem werden wir in unbeugsam sein: in der Einhaltung unserer Spielregeln, nämlich der Bestimmungen von Spiegel und Ceremoniale. Diese Regeln sind der Garant dafür, dass das Spiel zwischen den (oft zänkischen alten Männern) und den verschiedenen Interessensebenen funktioniert. Indem jedem seine Rolle zugewiesen wir und indem jeder in fast jeder Situation weiß, welche Funktion er einnimmt und wie er sich zu verhalten hat, hat jeder seinen Platz. Die Funktion, die Allmacht des Fungierenden (zwischen den Tam-Tam-Schlägen) dirigiert und leitet dieses Spiel. Wir werden deshalb unnachsichtig gegen jeden Eingriff in diese Funktion einschreiten. Merket: der Fungierende spricht immer wahr. Wenn er sagt, dass die Erde eine Scheibe ist, so ist sie eben eine Scheibe – bis der Tam-Tam-Schlag sie nach der Sippung wieder zur Kugel macht.

7. Wir sehen den Oberschlaraffe dabei eher als Moderator, weniger als Akteur in der Sippung. Das muss den Spielern im Plenum überlassen sein. Sie gestalten den Erfolg einer Sippung. Unsere Berufung auf den Thron ist insofern auch nicht ganz glücklich: es fehlt jetzt ein Spieler, den der Thronsasse Hägar nicht ersetzen kann. Deshalb haben wir auch früher immer die These vertreten, dass die Mitspieler ins Plenum gehören.
Wir haben unsere Meinung eigentlich nicht geändert. Wir geben aber zu, dass es uns, nachdem wir gesundheitlich und mental wieder gut drauf sind, dann auch etwas gereizt hat, für eine begrenzte Zeit dieses Ambt zu übernehmen, das wir bisher nur von unten, aus dem Plenum bewundert, verehrt und unterstützt haben.

8. Das Reych ist mutig, einen Sassen unserer Altersgruppe auf den Thron zu schicken. Geht bei uns doch alles langsamer als bei den jungen Hüpfern rechts und links von uns. Wir müssen länger überlegen, die Einfälle kommen nicht mehr so schnell, manchmal überhaupt nicht mehr und die Namen alter Freunde sind ebenso weg wie kluge Sprüche, die man eigentlich für alle Anlässe auf Lager haben sollte. Mit unsrem grauem Star sind wir geradezu prädestiniert für das Ambt eines OÄ mit vielen Ausritten durch dunkle Nächte und unser Gehör ist ja im Reych auch so schon sagenumwoben. Was unser eigentlicher Pate Rt Algolorix aus der Ante portas mundi über sich sagt, kann auch für uns gelten: „Gut sehn können wir schlecht aber! - schlecht hörn können wir gut.“

9. Wir haben in den fast 35 Jahren, die wir nun unserem Freundesbund angehören und durch unsere Reisen durch das Uhuversum, viel gesehen und erlebt. Wir wollen in diesem Ambt keinen nachahmen. Aber wir haben doch Vorbilder, an die wir in dieser Stunde denken: Rt Schwejk, unser Lieblings-OS, der uns in der Anfangszeit unseres Schlaraffenlebens einerseits mit kreuzweisen Bastonaden, andererseits mit der Titulierung „unser Lämmchen“ sehr beindruckt hat. Ich denke natürlich an den Über-Oberschlaraffen Rt Ebigon, der Inspiration mit Transpiration zu einer einzigartigen Melange auf dem Thron verbunden hat. Wie oft haben wir ihn, nach großartigem Sippung, erschöpft und nassgeschwitzt gesehen. Unser Pate Rt Paroli, der sich mit dem Ambt oft gequält, der aber immer eisern durchgehalten hat, bis Oho seinen Abgang erzwang. Wir denken aber auch an unseren Freund in der Mutter, Rt Adagio, der für uns immer die unnahbare Herrlichkeit des Throns repräsentierte, ohne dass man auch nur einen Augenblick glaubte, dass es ihm ernst war. Wir denken an den gefühlvoll fungierenden Rt Little Brandy unser Tochter Wetiflar. An den philosophischen Rt Schmarrn in unserer Ziehtochter Marpurgia, mit dem wir schöne Sträuße ausfochten und an den liebenswerten Rt 2F2 von unsrer Schwester Ob der Dill, der uns als jungen und ungebärdigen Schlaraffen immer zu bändigen wusste. Ein Ehe diesen Freunden, die die Throne unserer Reyche so prächtig zierten.

10. An Rt Stückche, der unser Reych über lange Jahre mir starker Hand, aber immer liebenswürdig und verbindlich im Ton, aber immer mit klaren Positionen geführt hat, muss ich hier nicht denken. Er sitzt putzmunter dort im Saal und neben ihm ist der mir lieb gewordenen Platz, den wir nun für einige Zeit verlassen müssen.  Niemand wir uns nun fürderhin mit Salzbrezeln. Versorgen, unsere Ambtsbrüder zur Rechten und zur Linken, sind dazu, wie wir sie kennen, selbst zu gefräßig. Ehe, Rt Stückche.

11. Wenn wir nun hier stehen und wehmütig sind, ziehen uns auch die Spielgefährten durch den Sinn, die uns heute hoffentlich von der Quellbank in Ahall zuschauen: um nur einige Namen zu nennen: den barocken Rt Knallfex, den schöngeistigen Rt Fugato, unseren knorrigen Consessen Rt Hamlet-surprise, der immer einsatzbereite Arbeiter Rt Ter-Lahn, der tiefsinnig-grüblerische Rt Me-Thoulus und auch der ungebärdige Rt Hochwucht, den wir unter Mühen an der Junkertafel großgezogen hatten und der uns kurz nach seinem Ritterschlag verlassen musste. Eine besonders bittere Stunde für uns und unser Reych. Sie alle sitzen, wie wir das uns so schön vorstellen, an der ewigen Rittertafel in Ahall. Das halten einige für Unsinn – aber wir, in der Funktion, dürfen euch versichern: Es ist wahr! Sie sitzen dort und schauen uns zu. Deshalb rufen wir ihnen zu: Ehe Freunde! Ihr seid nicht vergessen.

12. Die Zeiten sind andere geworden und es sind andere Ritter hier und spielen das alte Spiel. Wir wollen dazu beitragen, dass dieses unser Spiel attraktiv bleibt und neue Sassen anzieht. Wir wissen, dass uns neben frohen auch schwere Stunden erwarten. Schlaraffia ist, wie das wirkliche Leben, ein immerwährendes Auf und Ab Wir werden uns dem stellen. Und wir bitte euch alle, mitzutun und uns zu unterstützen.