Bericht des Legionärs Hägar a.U. 118

Bericht des Legionärs Hägar
über die Lage an dem von der 368. Legion gehaltenen Nordabschnitt des Limes
sowie über die Stimmung bei den Mannschaftsdienstgraden 

und überhaupt.

Aver Cäsarche!

                            Sicherlich
Verehrt Dich keiner mehr wie ich.
Denn unter dir, du großer Sohn,
Blüht itzo auf die Legion.
Wo sie dein Vorgänger zerdeppelt,
Wird das jetzt von dir aufgepäppelt
Die ganze Truppe strahlt bald ganz
In deinem Glanz.

Der Mehltau, wo sich nichts bewegt,
Der sich auf Mann und Maus gelegt,
der wird von dir mit harter Hand
Egal wen’s trifft und wie der Stand
Und ohne Rücksicht weggeputzt.
Was der Moral und Kampfkraft nutzt!
Führst so, ganz wie dich jeder kennt,
Ein eisenhartes Regiment.
Und gehst, so habe ich gelesen,
Zunächst an das Beförd‘rungswesen.
Ausmisten! – um, vor allen Dingen,
Da wieder Ordnung reinzubringen.
Verteilst du, hört man, deine Gaben
Jetzt an die, die schon alles haben:
Beförderst darum nun indes
Zuallererst die Prinzipes.

Ich gönn den Oberen das sehr,
Weil ich sie liebe und verehr.
Gerechtigkeit und was sonst nichtig
Ist mir als Legionär nicht wichtig.
Ich will ausdrücklich hier erläutern
Nichts liegt mir ferner als zu meutern!
Ich habe lediglich die Bitt‘:
Vergess auch uns Gemeine nit!
Und lass in deiner Sonne Stahlen
Sich auch mal niedre Ränge aalen.
Hab die mit Leistung aus Prinzip
Ein bischen lieb!

Bisher, man muss es laut beklagen
Ging es ja mehr um andre Fragen:
Um in erhöhten Rang zu rücken
Musst man sich erst mal kräftig bücken:
Da musste man vorm Cäsarche tänzeln,
Im Hauptquartier herum scharwenzeln
Und in lamettastolzen Reigen
Oft in der Letheburg sich zeigen.
Nur dem, der sich hier dauernd zeigt
Bist du geneigt.

Wie kommt es, dass ein alter Mann
Der kaum sein Schwert noch halten kann
- sein Name ist hier gar nicht wichtig,
Zumal Castizo rachesüchtig -
Ist einer von den höchsten Herrn?
Wie das dem Legionär erklärn!
Trotzdem verehre ich ihn  sehr.
Das fällt mir meistens auch nicht schwer.
Nur geht mir eins nicht aus dem Sinn
Wo führt das hin?.

Koi, der Tribun – ‘s ist wirklich wahr -
Noch nie bei mir am Limes war.
Wahrscheinlich hält er die Chattensen
Für etwas Gutes zum Kredenzen.
Trotzdem verehre ich ihn  sehr;
Das fällt mir meistens auch nicht schwer.
Nur geht mir eins nicht aus dem Sinn:
Wo führt das hin?.

Centurio WeißGold, immerhins,
Entschuldigt sich verlegnen Sinns:
Geschäfte gäb‘s im Hauptquartier,
Ganz wichtige, erzählt er mir.
Er müsst ganz eilig dorthin rocken,
Sagt er und macht sich auf die Socken.
Ich steh am Limes dann allein
Im Mondenschein.
Trotzdem verehre ich ihn  sehr.
Das fällt mir meistens auch nicht schwer
Nur geht mir eins nicht aus dem Sinn:
Wo führt das hin?.

Denn du, im Kreis der Schranzen hier,
Im luxuriösen Hauptquartier
Kriegst so nicht mit was diese Welt
Im Äußeren zusammenhält.
Und deshalb muss ich es heut wagen
Dir ungeschminkt die Wahrheit sagen.

Eins ist halt leider leider ärgerlich
Und das zuvörderst melde ich:
Bei all dem schönen Saus und Braus
Geh‘n uns die Leut‘ am Limes aus.
Denn jeder Dödel strebt nun hier
Zum Stab bei dir als Offizier.
Das Karrieristenvolk, ja nun,
Das meidet Kampf und Heldentum.
Ist im Bedarfsfall nicht am Platz
Zum Kampfeinsatz.

Der Limes-Stress fällt, logisch dann,
Allein auf meinen Schultern an.
Ich hab‘ die Stämme zu bekriegen
Die nördlich auf der Lauer liegen:
‘s sind Marpurgs Chatten und Sugambren,
Und Siegener und auch andren
Surlanden, Hagner, Bajuwaren
Und was da sonst noch an Barbaren.
Um die auf Abstand zu bemühn,
Muss ich sehr oft mein Kurzschwert ziehn.
Von früh bis spät steh ich in Kampf
Und Pulverdampf.

Drum, wenn ich mich auch noch so streck‘ –
Ich schaff es  nicht vom Limes weg.
Für mich ist das zwar nicht ergötzlich -
Doch bin ich einfach unersötzlich.
Ja, steh‘ auf Posten ich allein
Kann ‘s Cäsarche ganz ruhig sein.
Braucht fürchten nicht des Feindes Macht,
Denn Hägar wacht!

Ich könnt‘ mich zwar nach Dürkheim machen
Und ließ mein Weib vertretend wachen:
Mit blanker Brust des Feindes Recken
Vom Sturm auf unsre Grenze schrecken.
Doch ist der Weg weit und gefährlich
Und Freitagnachmittag beschwerlich,
Denn der, der irgendwie kommt raus
Springt da auf‘sPferd. Ab geht’s nach Haus.
Die Wege sind, nicht nur gefühlt,
Verstopft und ziemlich aufgewühlt.
Und weit ist es von dem Revier
Am Limes bis zum Hauptquartier
Am meisten muss man immer leiden,
Strömt der Verkehr von vielen Seiten:
Ein Kreuz man da zu tragen (fahren) hat
Mit Frankfurt, Darmstadt, Mutterstadt.
(Wobei als Frankfurter ich sach:
Hauptsache, net durch Offenbach.)
Doch war der Weg auch lang und schwier
Heut‘ bin  ich hier!

Zwar fühle ich mich mehr als fremd,
Mit Staub auf Schuhen, Helm und Hemd;
Am Schwert die Scharten stör‘n euch sehr,
Verband und Narben wohl noch mehr -
Mein Pflichtgefühl gar – hab’s gespürt,
Wirkt auf euch ziemlich antiquiert.
Ja,  Heldenmut und Kampfessinn
Scheint nicht mehr in.

Beduddeln tut ihr mehr die Knaben,
Die eh schon viel bis alles haben,
Warum nicht die, frag ich dich nun,
Die an der Front die Arbeit tun?
Warum, bei den Verdiensten schwer,
Bleibt einer wie ich Legionär?
Und kommt nicht weiter, ewiglich,
‘s sei denn, ‘s Cäsarche hört auf mich?
Das muss sich ändern! Und rasant!
Sonst wird der Limes überrannt,
Denn, kriegt ihr keine Kämpfer mehr
Dann wird es schwer.

Für ‘s Cäsarche hab‘ in der Tat
Natürlich ich en gude Rat:
Verlasst das Sündenbabel hier,
Weg mit Komfort und Hauptquartier!
Setz‘ wieder über’n Rubikon
Dort steht schon wartend die Legion!
Wirb junge, frische Mannen an.
Mit einem Karriereplan:
Halt jedem, der sich dir verpflicht‘,
Den Prinzeps-Stab vor das Gesicht.
Dass deutlich wir, dass jedermann
Hier Karriere machen kann.
Das beste Beispiel, mein‘ ich,
Wär’s, du beförderst mich!

Ich seh, ‘s Cäsarche spitzt die Ohrn
So scheint mir doch noch nichts verlorn.
Nachdenklich wirkt er im Gemüt
Weil er’s, schon lang wohl, auch so sieht.
Und wird wahrscheinlich sich bequemen
Des Hägars Ratschlag anzunehmen.

Mit Fug man deshalb sagen kann:
Es brechen neue Zeiten an!
Zumindest hoffe ich das sehr!

                             gez. Hägar (Legionär)