gegen Aioli

Der Nachtwächter zur Weihnachtszeit

Als Nachtwächter des Reyches Zu den Gyssen war es Aufgabe des Ritters Aioli, zu Sippungsschluß mit dem Ruf "Leute hört und lasst euch sagen" Anmerkungen zu der vergangenen Sippung zu machen. In diesen Anmerkungen bedachte er Hägar mit Schmähungen, die dessen Junkertafel nicht gefielen. Hägar selbst hatte eigentlich in dem Duell gegen sich selbst auf dem Gleiberg seine Duellanten-Laufbahn beendet und die Absicht erklärt, sich den beschaulichen Seiten des Schlaraffenlebens widmen zu wollen. Nun musste er aus pädagogischen Gründen der Aufforderung seiner Junker und Knappen folgen und Aioli den Handschuh werfen. Er tat es mit den Worten: "Ich habe die Periode mit den Duellen abgeschlossen. Aber nichts spricht dagegen, eine Neue zu beginnen!"
Das Duell fand am 22. im Christmond a.U.147 statt.

Erster Hieb

Hägar steht in neuer Schaffensperiode.
Hat er vormals sich ganz gern geschlagen.
Liegt ihm solches fern in diesen Tagen.
Ist er weise oder alt? 's hat halt Methode,
Wie er friedlich mümmelnd, dort am Tische
Ganz bequem sich lümmelnd, fast in alter Frische
Nicht vor Kampflust brummt;
Nein, der Welt entrückt
Friedvoll und verzückt
Weihnachtslieder summt.

Und wenn Aioli am letzten Sippungsabend
Voller Übermut an ihm das Bein gehoben
Dann tut Hägar nur das Schicksal loben!
Preist sich glücklich, wieder Anlass habend
Jenem Freund, dem Guten, der's nicht besser
Weiß, auf dessen Tuten, statt ein Messer
Seine Wange bieten.
Um zur Weihnachtszeit
Jeden Zank und Streit.
Zu verhüten.

Aioli erhielt ein Ambt, voll von Genusse:
Nachtwächter des Reychs, was trefflich zu ihm passt.
Und so darf er sich und anderen zur Last
Sagen, was die Stunde schlug, zum Sippungsschlusse.
Doch statt pflichtbewusst und wie es üblich
Will er, voller Lust, das ist betrüblich,
Ihr habt es gesehn,
Ohne sich zu zügeln
Gern mit jemand prügeln.
Und tut Hägar schmäh'n.

Früher wär dem solcher Streit willkommen
Und er hätte mit Begeist'rung losgelegt:
Aioli mit kurzen Hieben weggefegt,
Zu des Reyches Nutzen, Freud' und Frommen.
Heut' sind Schoppen ihm doch werter
Als das Kloppen mit die Schwerter
Seine Ruh' will er!
Nur den Nachwuchs päppeln
Und den Thron veräppeln,
Sonst nichts mehr.

Einstmals hätt' er Aioli verspottet:
Er sei klein und hässlich und sich selber gram
Krumm die Beine und der Schwertarm lahm.
Und sein Horn sei rostig und versottet.
Klar sei, dass der böse und voll Eifer
Mit Getöse, vor dem Munde Geifer
Ärger produziert.
Wenn er ungeläutert
Seine Pfeile schleudert. -
Doch das hätte ja zu nichts geführt.

Damals hätte er mit böser List gefragt,
Ob dem Nachtwächter in seiner Tröte
Stockt der Ton, beim Blick der Morgenröte,
Die vom Osten aufzieht, wenn es tagt:
Einem Weib gleich, die mit vollem Busen
Schön und weich, gemacht zum Schmusen,
Ihm vernebeln Hirn und die Laterne.
Dass er – Übermut! -
Nicht weiß, was er tut. -
Das liegt Hägar heute völlig ferne.

Diese alten Zeiten schlägt er aus dem Sinn.
Hägar kämpft jetzt nicht mehr, nein, er streichelt
In so'm Treffen lieber als er meuchelt.
Gegner hätt' er gern im Sanatorjum drin;
Und beteuert, er gönnt Aioli
Der bescheuert, eine Therapie,
Wo er gut bewacht.
Bleibt dort immer,
Dass er nimmer
Jemand Ärger macht.

Hägar stand als junger Ritter gerne im Streite.
Heute bäckt er Plätzchen für das Fest,
Wärmt sich gerne hier in Uhus Nest
Und tut Fliegen kaum noch was zu Leide.
Liebt Uhu und die Schlaraffenbrüder
Und dazu-hu auch Aioli wieder;
Es ist Weihnachtszeit.
Man verwöhnt sich
Und versöhnt sich:
Schluss mit Streit.

Zweiter Hieb

Von drauß, vom Walde komm ich her;
ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Allüberall auf den Tannenspitzen
sah ich goldne Lichtlein blitzen,
und droben aus dem Himmelstor
sah mit großen Augen das Christkind hervor.
Und wie ich so strolcht durch den finsteren Tann,
da rief’s mich mit heller Stimme an:
„Hägar", rief es „alter Gesell,
schone die Beine und mach nicht so schnell!
Beende lieber die Arbeit nun
Um von Sorgen und Streut einmal zu ruhn!"
Ich sprach: „O lieber Herre Christ,
meine Reise fast zu Ende ist;
ich muss nur noch in die Gyssen- Stadt,
wo’s einen schlimmen Ritter hat."
„Hast denn die Rute auch bei dir?"
Ich sprach: „Die Rute, die ist hier;
doch nur für Aioli, den schlechten,
Trifft, wo sie trifft doch stets den rechten!"
Christkindlein sprach: „So ist es recht;
Hau ihn nur fest, mein treuer Knecht!"
Von drauß, vom Walde komm ich her;
ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Nun sprecht, wie find' ich's heute hie?
Ist's guter, ist böser Aioli?

Doch die Kerzen fangen zu brennen an,
das Himmelstor ist aufgetan,
Und alle Kinder hier auf Erden
Sollen bedacht und beschenket werden.
Auch Aioli soll sein Päckchen erhalten -
Dann wird er Hägar lieb behalten.
So enden aller Zank und Streit.
Schön ist die güldene Weihnachtszeit.


zur Erwiderung und dem Duellhieb von Aioli