gegen Kemm-Nix zum 2. (335 Wetiflar)

Thema: : Wenn Reisewitzens Glocken läuten,
Weiß Hägar nicht, was sie bedeuten.

1. Hieb

Ich höre schwer - man braucht's mir nicht zu sagen.
Ich hör' es eh nicht, leider, mit Verlaub.
Da hilft kein Schrein, kein Flehen und kein Klagen;
Muss dieses Päckchen ohne Murren tragen:
Ich bin halt taub.

Nicht dass leide ich unter diesem Leiden.
Um mich herum ist's immer herrlich still.
Und auch: so mancher tut mir's heimlich neiden.
Ich hör' mit meinen Ohren, allen beiden,
Nur was ich will.

Kommt mir der Burgfrau Rede ungelegen,
So sage ich mit sehr gelass'nem Sinn:
Versteh' die Sachen nicht, die dich bewegen.
Die Hörgeräte sind - tat sie verlegen -
Gerad' nicht drin.

Die Fexungen von Freunden, lieben, alten,
Langeweil'n mich nie, auch nicht für einen Sou!.
Sie dürfen diese gerne mehrfach halten
Von Gestern und von Uhus edlem Walten -
Ich hör nicht zu.

Tun sich des Thrones Reden lange ranken
Um wenig. Macht nix. Hör' nie dies Getön.
Ich träume meinen eigenen Gedanken,
Frei von des Ceremoniales engen Schranken
Und sippe schön.

Den Schein jedoch, möchte ich schon gern wahren
Wenn geht es an, wenn ich nicht hören kann?
Dass meine Ohren nicht mehr sind was sie mal waren
Und mir die Welt jetzt nicht mehr offenbaren
Geht mich nur an.

Es kennt der Invalide seine Rechte
Suhlt gern in des Verständnis' warmem Pfühl.
Verweigern tut ihm das doch nur der Schlechte.
Ihm bietet seinen Arm der Gute, Echte,
Voll Mitgefühl!

Doch da bin ich bei Ritter Kemm-Nix richtig.
Der ist Chirurg und ganz ein harter Mann.
Für den ist Taubheit lau, als Krankheit nichtig
Weil man da nichts - und das nur ist ihm wichtig -
Wegschneiden kann.

So kam es denn, wie's einmal musst geschehen:
Als Reisewitz die Osterglocken läut',
Hägar mit Jugend ließ durch Auen gehen -
Ich kriegt nicht raus, trotz Mühen um Verstehen,
Was das bedeut'.

Was wollte Reisewitz denn damit sagen:
Tat er mich loben, war er ehrenrührig?
So schön die Taubheit ist, an manchen Tagen -
Oft muss ich für's Verstehn mich ziemlich plagen.
Dann wird es schwierig.

Da - ließ ein Grinsen zitternd mich erbeben
Das Kemm-Nix höhnisch im Gesichte hing.
Ich ahnte schon, warum er grinsen musste
Er wusste halt, dass ich gerad' nicht wusste
Worum es ging.

Ich habe unter Kemm-Nix oft gelitten.
Ihm stets verzieh'n. Das ist mein edler Stil.
Dies Grinsen nun, im Beisein noch von Dritten
Es spottet' jedem Anstand, allen Sitten.
Das war zu viel.

Wer mag es schon, wenn alle seine Gebrechen
Im Focus liegen, nackt und grell und hell.
Ja, so ein Lachen über meine Schwächen
Führt zu der Zwangsneurose mich zu rächen,
Führt zum Duell.

Habt, Kemm-Nix, eure Not selbst angezettelt
Heut wird ein Tag des freudigen Gerichts.
Und wenn ihr gleich entmannt und ganz zerfleddelt
Auf Knien mich um Schonung, Gnade bettelt:
Ich höre nichts!

2. Hieb

Sieht Kemm-Nix man von außerwarts
Dann ist der Kerl nur rot und schwarz.
Doch aufgeschnitten, schau, schau, schau
Da schimmert es mehr gelb und blau.

Drum seh' ich diesen Rittersmann
Als einen von den unsern an.
Ward ihm als Gast einst viel versüßt,
Dann hat er das jetzt eingebüßt.

Und deshalb muss er ab und wann
Im Kampfe hier steh'n seinen Mann
Und sich mit Ritter Hägar schlagen
In seinen alten müden Tagen.

Doch ist das reine Freude mir
Und Kemm-Nix macht es auch Pläsir -
Nur ist es leider stets ein Schinden
Für uns, Duelltermin zu finden.

Es soll in unsrer Burgen Mauern
Die Freundschaft lange Jahre dauern.
Mit Kemm-Nix bin ich alle Zeit
Versöhnungs- und gesprächsbereit.

Erwiderung und Duellhieb von Kemm-Nix