gegen Schwejk zum 2.

Schwejk ist ein ehrenwerter Mann

Ein Folgeduell zum Ende der Winterung 128/129. Zufällig hatten beide Contrapaukanten (wie Schwejk zu sagen pflegte) die Rede des Antonius aus Shakespeares Julius Caesar ohne Absprache untereinander zum Auftakt ihrer Hiebe gewählt.

Erster Hieb

I.
Schlaraffen, Sassen, Freunde, hört mich an.
Nicht schmähen will ich Schwejken, nein, ihn preisen!
Was Menschen Böses reden, überdauert Sie,
Das Gute fällt mit ihnen in Duelle.
So will ich Gleich mit Gleichem nicht vergelten
Und Unrat nicht, wie er, umher versprüh'n.
Was nutzen Zank uns, Hader, Streitigkeiten?
Der Friede nur ziert den, der wahrhaft groß.
Begraben sei der Zwist, der uns entzweite,
Ein einig Brüderpaar soll man uns nennen.
Wisst, dass der Schwejk ein ehrenwerter Mann!
So lasst mich jetzt von Schwejk, dem Freunde, sprechen.

II.
Der Schwejk, er ist ein ehrenwerter Mann:
Ich weiß nur Gutes von ihm zu berichten.
Wenn er mit Freunden tafelt ist es Zeit
Lukullen Preis und Ehre zu bezeugen,
Denn freudig er der Tafel Wonnen kostet.
Gewiss das Maß ist nicht sein Instrument;
Auch ist zuweilen er ein wenig ohne Halt:
Am Tische packt ihn meistens große Gier.
Er stürzt sich auf das Mahl, als wie von Sinnen,
Und wütet, wie sonst Hägar in der Schlacht.
Stopft,schiebt und schüttet ohne Maß hinein,
Mit bloßen Händen in die Sauce greifend,
Dort schmatzend, rülpsend, kauend und auch spuckend,
Bis es den letzten aus dem Saal getrieben.
Doch - denkt man an die zügellosen Triebe,
Die ihn beherrschen, an die Kinderstube,
Die niemals ihm zuteil geworden ist,
Dann ist es gut und sicher ehrenwert
Und schelten wird ihn niemand aus dem Reych.
Nein, lieben wird man ihn sofort und gleich.

III.
Der Schwejk, er ist ein ehrenwerter Mann.
Und wenn er spricht, dann lauscht gebannt die Runde.
Gleicht auch das Wort aus seinem Munde nicht,
Den Engelsglocken, die aus Hägars Halse klingen,
So ist's solide doch und mäßig witzig,
Besonders, wenn er uns verständlich spricht
Und nicht mit schwerer Zunge nur so lallt.
Bedenkt man gar, wie Schwejkens Schädelrund
Mit Stroh gefüllt wie eine alte Scheune,
So ist's ein Wunder, dass er überhaupt
Verständlich spricht, wenn auch nur hin und wieder,
Nicht roh und ungeschliffen, wie bei Böhmen üblich.
Dass auch noch sinnentleert, voll Wiederholung, sein Gestammel,
Verschweigt der Hägar hier, als Schwejkens Freund.
Denn, denkt man schließlich an die wen'gen Klassen,
Die Bildung, die der Arme nie genossen,
Die schwere Zunge, ob des vielen Weins,
Sein Stottern, das aus rauhem Halse kommt,
Dann scheint es, wie er spricht, vorzüglich gar
Und jedermann wird sagen: Wunderbar!

IV.
Der Schwejk, er ist ein ehrenwerter Mann.
Wenn er fungiert, kommt Leben in die Burg.
Dann hört man auf den Thron des Gyssen-Reychs,
Wenn lautstark dieser unsre Sippung leitet.
Fühlt sich unfehlbar zwar, ob der Funktion,
Ein wenig überhöht er sich zuweilen,
Schlägt deshalb manchmal über seine Stränge.
Er ist als Böhme eben heiß und wild.
Nicht Freude ist's am Quälen Untergeb'ner,'
's bricht halt ein ungezügelt Temperament hindurch;
Tritt Knappen höchstens aus Versehen tot.
Man hört's im ganzen Uhuversum munkeln:
Die Armen, von Oho so hart geprüft!
Bedenkt man aber, dass er ungeeignet
Für dieses hohe Amt, ja für den Thron,
Kaum fähig, den Ehe zu halten und ihn nicht
Sofort in sich hineinzuschütten,
Kaum dass des Reyches Mundschenk ihn gefüllt,
So macht er's gut denn besser kann er's nicht.
Auch wusste unser Reych, was es hier tat.
Ja, Gyssen freut sich ob der ganzen Pracht,
Die Schwejk als Herrlichkeit uns dargebracht.

V.
So lasst uns denn in Freundschaft scheiden heut.
Ich will die Waffe gegen ihn nicht heben,
Zumal er alt und zittrig ist und schwach
Und so verwirrt, dass er Schaufensterpuppen
Den Hof macht und dazu den Hägar fordert;
Dabei sein Schwert kaum richtig heben kann.
Ich bleib' ihm Freund, so wie er immer mir,
Und werde ihm ewig und in Lieb' gedenken.
Auf ewig rühm' das Reych den Edelmut
Ein Freundespaar wie wir, das tut ihm gut!

(sehr frei nach William Shakespeare)

2. Hieb: Die unmögliche Tatsache

Schwejk, der etwas schon an Jahren
Und von schlechter Kampfmoral
Wird in Gyssens Rittersaal
Im Duelle überfahren.

Über Hägars scharfe Klingen
Musst' er widerwillig springen.
Vor dem Throne zu den Gyssen
Liegt er nun, wie hingeschyssen.

"Wie war", spricht er, sich erhebend
Und entschlossen weiterlebend,
"Möglich, dass das Unglück, ja,
Dass es überhaupt geschah?

Ist der Thron hier anzuklagen
In Bezug auf solche Fragen.
Musste dieser nicht behüten
Mich vor Hägars grimmem Wüten?

Musste er nicht jenem wehren,
Statt in mir den Greis zu ehren
Mit dem Schwerte mich zu hache,
Und mich mitten durch zu schlache¹?

Ist es nicht sogar verboten,
Hier Lebendige zu Toten
Umzuwandeln - kurz und schlicht,
Durfte hier der Hägar nicht?"

Eingehüllt in feuchten Fetzen
Wühlt er in den Hausgesetzen
Schließt nach längerem Sinnieren:
Heute durft' ich nicht verlieren!

Und er kommt zu dem Ergebnis:
Nur ein Traum war das Erlebnis.
"Weil", so schließt er messerscharf"
nicht sein kann, was nicht sein darf."

(frei nach Christian Morgenstern)

3. Hieb: Irrtum

Wenn einer, der mit Mühe kaum
Gekrochen ist auf einen Baum
Schon glaubt, dass er ein Vogel wär',
So irrt sich der.

Wenn einer auf dem Throne oben
Kaum dass das Reych ihn so erhoben
Schon glaubt, sein Kopf wär' nicht mehr hohl,
Der irrt sich wohl.

Wenn einer, dessen Hirn wie Brei
Glaubt, dass er unbesiegbar sei
Und dss er Hägar schlagen wird,
Der irrt.

Wenn einer aber warnt und sacht,
Dass Hägar aus Dir Haschee macht,
In einem blutigen Gefecht,
Dann hat er Recht!

(frei nach Wilhelm Busch)

 


¹ hache= hauen, schlache=schlagen, hessischer Dialekt. Unklar bleibt, wie Schwejk als Böhme zu solchen Aussagen kommt.


Erwiderung und Duellhiebe von Schwejk